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ostern
das hohe fest: hoch hinauf reichen / die stapel goldener osterhasen, sie preisen / den sieg des lebens über den tod. / mit kulleraugen und strichmündern. / finden den weg in die familien / zu tausenden wie eine zombieinvasion. / erinnern an kreuzigung, tod und auferstehung. / das schmelzen der schokolade als / hostien in…
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an der leine
die zeit zieht an der leine / seh nicht die hand, die ihre / doch spür den zug / manchmal schwach / schlimm genug und / meist am hals. auch die leine bleibt verborgen / setzt manchmal anderswo / und anders an, sie kann / so scheint es zaudern spüren / und lässt ganz sicher…
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das jahr
ich fühlte mich einsam im winter / im frühjahr wurde es schlimmer / dann kam der sommer und ließ / mich am stück, doch zer- / brechlich wie herbstlaub zurück
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bloß raus (und ausnahmsweise keine lyrik)
zu meinen lieblingswörtern gehört „behelfsausfahrt“. sie dient dazu, autobahnen an einer stelle zu verlassen, an der das sonst nicht möglich wäre oder nicht erlaubt. man behilft sich also: meist nur für notdienste wie die feuerwehr oder für notfälle wie einen stau. bleibt die not dauerhaft, kann eine behelfsausfahrt zur ausfahrt werden. „fahrgeometrisch“ muss man eine…
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kauz
lieber kauzig sein / seinen schnabel nicht halten / als nur ein mäuschen
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blick nach vorn
der frühling ist fern / vorher kommen: silvester und kopfweh, eisblumen am fenster / dann im garten: winterlinge, schneeglöckchen / krokusse und märzenbecher / endlich die schlüsselblumen: erst sie gewähren / eintritt zum frühling.
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gischt
als wär es november / die blätter gefallen / im rauen oktoberwind / als käm der dezember / mit raureif am morgen / und allen farben gedimmt / vom meer weht salzige gischt heran / wie im nebel verschwimmt die sicht / vielleicht sind auch tränen schuld daran: / tränen, trauer und gischt / für…
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will erfahren
wär‘ gern ein baum, doch nicht im wald / würd‘ lieber etwas abseits stehen / an einem hang, blick übers land / will vögel auf die schultern heben / knospen treiben, blätter werfen / die zehen in die erde graben / und finger hoch zum himmel strecken / dort oben regen, wolkengaben / und unten…
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raues wasser
in einer biegung unterm hang / der fluss des wassers, das mir lieder sang / der fuß des körpers, der der meine war / ist breit und schwer: stolpernd trat er / wie sein bruder, spuren rings umher / trat sie tief in grund und boden. / aus der ferne rufen sie nach ihm und…
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erinnerung an einen vogel
bevor ich / den schlag vernahm / den abdruck sah / die daunenfeder / den balkon betrat und / dort am boden / das federbündel fand / es war noch warm in meiner hand / saß dieser vogel draußen / auf einem zweig und / sah sich um.