Prosa


Ich schreibe kurze Prosa, quer durch Genres. Natürlich habe ich mich auch an Romanen versucht. Die dann rasch zu Kurzgeschichten mutierten oder im Stadium einer Ideensammlung verblieben sind. Krimi, Science-Fiction und magischer Realismus interessieren mich im Besonderen.

Bisherige Prosa-Veröffentlichungen in Anthologien:

Fundstücke, in: Tatort Grätzl 2, Die besten Wiener Kurzkrimis, Anthologie zum Wettbewerb 2017, edition vormagazin, echomedia, Wien (Print). ISBN 978-3-903113-46-6 (2018)

Schneetreiben, in: Ein Gefühl für Mord, Die besten Einsendungen zum Agatha-Christie-Krimipreis 2012, S. Fischer, Frankfurt a. M. (eBook). ISBN 978-3-104020-84-6 (2012)



Café Biemel

Heute hat es am Vormittag so stark geregnet, dass die Blütenköpfe
des Leins noch tiefer herabhängen als sie es sonst tun. Unter den
Kiefern ist die Schicht an abgefallenen Nadeln dicker geworden. Ab
und an stürzt ein Kiefernzapfen zu Boden, mit hörbarem Knall landet
er auf der Betonstraße.

Wir sitzen in der rheinischen Steppe inmitten einer Gehölzinsel in
einem Café, dort wo früher Raketen lauerten. Den Tag verbringen wir
mit Essen, Zeichnen, Schreiben und Lesen. Wenn wir starten, ist das
deutlich weniger schlimm, als wenn es die Raketen getan hätten. Sie
sind von hier weg und wir in ein paar Stunden auch. Was mit ihnen
genau passiert ist, wissen wir nicht. Auch nicht, was mit uns passieren
wird, bis zum Finale.

Einige Radfahrer sind nach uns die ersten, die mit dem Abflauen des
Regens ins Café gekommen sind. Mit gelben Regenanoraks und
zitronengelben Helmen. Ich bestelle noch einen Limonen-Tarte.



Fundstücke

Er beobachtet diese Krähe schon eine ganze Weile. […] Wieder ist sie mit einem Fahrzeug
fertig und schreitet gemächlich zum nächsten, das steht gegenüber von seinem Sitzplatz und er kann sie nun ganz aus der Nähe beobachten. Sieht, wie sie mit gestrecktem Hals ein Ding, von dem einzelne lange Beine abstehen, vom Rand des einen Scheinwerfers pult und frisst. Dann ist sie abgelenkt. Von etwas, das am Boden liegt, hinter dem Reifen. Sie holt es hervor und es ist viel größer als ein Insekt. Wie ein Stück Wurst. Aber nur fast, denn es endet in einem Fingernagel. Also ein Finger, schlussfolgert er, ein ziemlich dreckiger, den die Krähe nun mit einer Kralle auf den Boden drückt und an dem sie mit dem Schnabel herum zupft.
Das geht nun gar nicht, denkt er, steht auf und macht ein paar Schritte auf die Krähe zu. Die schaut ihn an, schaut dann wieder auf den Finger, packt den mit dem Schnabel, und für einen Moment sieht es so aus, als würde sie mit ihm davonfliegen. Doch dann lässt sie ihn fallen, krächzt empört und flattert ohne diese Beute ein paar Meter weiter. War ihr ohnehin suspekt, glaubt er, während er den nun vor ihm liegenden Finger betrachtet. „Karl!“, schreit er über die Straße zu seinem Nachbarn, der gerade dort drüben steht und sich mit einem anderen unterhält.
„Bring mir mal eine Serviette oder ein Stück Papier!“

(Auszug aus: Fundstücke. In: Tatort Grätzl 2, Die besten Wiener Kurzkrimis, Anthologie zum Wettbewerb 2017, echomedia buchverlag, Wien 2018)